Oberpöring soll den Tiefbrunnen nicht Weiterbetreiben, viele andere dürfen es

In ganz Bayern werden 311 Tiefbrunnen für die gemeindliche Wasserversorgung, 33 Tiefbrunnen werden von Getränkehersteller genutzt und 31 Brauereien beziehen ihr Wasser ebenfalls aus Tiefbrunnen. Insgesamt werden jährlich 135,5 Mio. Kubikmeter Tiefenwasser gefördert.

Der Gemeinde Oberpöring, für dessen gemeindliche Wasserversorgung gerade mal 55.000 Kubikmeter Tiefenwasser gefördert werden, wird ab Ende 2025 die Förderung untersagt. Das kann man einfach nicht glauben! Warum wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Wo bleibt das die Gleichbehandlung?

Diese Fragen haben wir in unseren Ausführungen beim Anhörungsverfahren schriftlich im Landratsamt eingebracht.

Wie man aus den Dokumenten der Online-Konsultation entnehmen kann, versteckt sich das Landratsamt hinter nachgeordneten Verwaltungsvorschriften und dem Landesentwicklungsplan, der übrigens auch für die Betreiber der 311anderen Tiefbrunnen gilt.

Nachfolgend haben wir im Rahmen der schriftlichen Erörterung eine Stellungnahme an das Landratsamt verfasst.

Diese Stellungnahme darf gerne auch als Vorlage für eigenen Stellungnahmen verwendet werden.

 

2. Ungleichbehandlung bei der Nutzung von Tiefengrundwasser:

Zur Definition von Tiefengrundwasser wird auf das LfU-Merkblatt Nr 1.4/6 verwiesen.
Das Merkblatt enthält folgende Begriffsbestimmung: 

"Tiefengrundwasser" wird hier das Grundwasser genannt, welches im zweiten oder einem tiefer liegenden Grundwasserstockwerk zirkuliert. Es unterscheidet sich in vieler Hinsicht vom sog. oberflächennahen Grundwasser. Die reine Tiefenlage ist kein begriffsbestim-mendes Kriterium. Gemeint sind hier all jene Grundwässer, deren Zirkulation und damit auch die Neubildung nur sehr langsam erfolgt. Ihre Strömung orientiert sich nicht an lokalen Vorflutern, sondern an überregionalen Entwässerungssystemen. Aufgrund der geringen Regenerationsrate sind sie mindestens mehrere Jahrzehnte bis Jahrtausende alt. Tiefengrundwasser nimmt zum Beispiel aufgrund einer mächtigen Überdeckung durch eine gering durchlässige Schicht, aufgrund eines deutlichen Wechsels der hydraulischen Leitfähigkeit (Durchlässigkeit) innerhalb eines Grundwasserstockwerks oder aufgrund einer großen Mächtigkeit des Grundwasserstockwerks nur langsam am Wasserkreislauf teil. Dieses ist die prägende Eigenschaft von Tiefengrundwasser.“ 

Nach dieser Begriffsbestimmung fällt das dem Oberpöringer Brunnen geförderte Wasser unter den Begriff „Tiefenwasser“, da es nicht aus der ersten wasserführenden Schicht entnommen wird. Hinsichtlich weiterer Kriterien wie z. B. das Alter wird hier nur von einer weiten Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten bis Jahrtausenden gesprochen. Inwieweit diese breite Spanne auf des Wasser aus dem Oberpöringer Brunnen zutrifft konnte aus den Unterlagen des Sachverständigen nicht ersehen werden. Es ist daher davon auszugehen, dass es für dieses Wasser keine zuverlässige Altersbetimmung gibt.

 

In der Stellungnahme des WWA Deggendorf vom 10.12.2021 zu den Einwendungen wird unter dem Unterpunkt „Wasserstand Tiefengrundwasser“ folgenden geschrieben: 

„Etwas seltsam mutet in diesem Zusammenhang an, dass in den Jahresberichten innerhalb der Eigenüberwachungsverordnung zum Brunnen in Oberpöring seit 20 Jahren der exakt gleiche Wasserstand angegeben wird.“

Wird hier die Aufzeichnung des Wasserwartes der Gemeinde in Zweifel gezogen? Warum gab es, wenn Zweifel bestehen keine Nachkontrolle durch das WWA Deggendorf?

Oder liegt es daran, dass aufgrund der geringen entnommenen Wassermenge keine Veränderung des Pegel messbar ist? Oder gibt es doch eine natürliche Erneuerung des 2. Grundwasserstockes in kürzeren Zeitabständen wie bisher angenommen?

Fragen die in der Stellungnahme des WWA Deggendorf nicht beantwortet werden.

 

In der von der Regierung von Niederbayern im Dezember 2014 herausgegebenen Broschüre: „Wasserversorgungbilanz Niederbayern 2025“ findet man folgenden Hinweis:

„Im Isartal gibt es weiträumig einen hydraulischen Kontakt mit den tertiären Grundwässern (Obere Süßwassermolasse bzw. Obere Brackwasser-/Ältere Obere Süßwassermolasse), wodurch die chemische Zusammensetzung beeinflusst wird. Erhöhte Nitrat- und Chloridkonzentrationen weisen auch hier auf die starke anthropogene Beanspruchung und die geringe Überdeckung der quartären Grundwasserleiter hin. Aufbereitung des Rohwassers in Form von Enteisenung und Entmanganung ist in Bereichen mit reduzierenden Bedingungen erforderlich.“ 

 

Weiterhin findet man in dieser Broschüre auf Seite 27 den Hinweis:

„Die tertiären Tiefenwässer liegen dabei in unterschiedlichen Tiefen und Ausprägungen vor. Der ergiebigste Teil kann wohl dem tertiären Hauptgrundwasserleiter zugeordnet werden. Dies ist ein Mischwasser mit unterschiedlich hohen Anteilen an jüngeren Komponenten,…“ 

Wenn man sich diese Hinweise anschaut, kann man zu dem Schluss kommen, dass Tiefenwasser nicht gleich Tiefenwasser ist und folglich auch hinsichtlich seiner Schutzbedürftigkeit doch Unterschiede zu machen sind.

 

 

Vom BUND, Kreisgruppe Deggendorf und der unteren Naturschutzbehörde wird in deren Stellungnahmen das Oberpöringer Brunnenwasser als „fossil“ bezeichnet. 

Bei einem Wasser, dessen Alter nur unzureichend bestimmt ist und das aus einer Tiefe ab
50 m entnommen wird von fossil zu sprechen ist doch etwas weit hergeholt.

 

Für uns bleibt hinsichtlich den Qualitätskriterien von „Tiefenwasser“ noch Aufklärungs-bedarf da eine eindeutige Definition nicht vorliegt. In der EG-Wasserrahmenrichtlinie wird dem Begriff „Tiefengrundwasser“ das Thermalwasservorkommen zugeordnet. 

 

Hinsichtlich der Nutzung von Tiefenwasser aus dem Brunnen in der Gemarkung Niederpöring gab das WWA Deggendorf am 2.6.2016 u.a. folgende Stellungnahme ab:

„Bei der beantragten Wasserentnahme aus dem Brunnen bei Niederpöring handelt es sich um die Entnahme von Tiefengrundwasser. Bekannt ist, dass das Wasser aus südlicher Richtung zuströmt. Aus Untersuchungen bei benachbarten Anlagen wissen wir, dass entnommenes Wasser im Wesentlichen durch Zusickerung aus den darüber liegenden Grundwasserleitern ergänzt wird. Selbst wenn von der Menge her die Entnahme möglich sein sollte, können in qualitativer Hinsicht die Kriterien der Nachhaltigkeit voraussichtlich nicht eingehalten werden, weil von einem Zustrom jüngeren Grundwassers ausgegangen werden muss. Oberflächennahes Grundwasser enthält heute unerwünschte Inhaltstoffe in unterschiedlichen Konzentrationen. Damit bewirkt die Entnahme bei Niederpöring einen Verbrauch alten naturreinen Wassers, der sich nach menschlichen Zeitmaßstäben nicht gleichwertig ersetzt.“ 

In dieser Stellungnahme wird die Entnahmemöglichkeit von der Menge her als möglich erachtet. In den weiteren Ausführungen wird davon gesprochen, dass die Entnahme-menge bei der Beurteilung keine Rolle spielt. Da es sich beim Oberpöringer Wasser um gespanntes Wasser handelt und im Brunnenschacht durch ein Sperrohr verhindert wird dass Oberflächenwasser einsickert, gelangt weiträumig nur wenig (nur max. soviel wie entnommen wird) Grundwasser nach und verändert so nur marginal das Mischungs-verhältnis aus jüngerem und älterem Tiefenwasser. Langjährige Messungen der Wasserqualität des Oberpöringer Wasser bestätigen dies, da sich keine negativen Veränderungen in den letzten Jahrzehnten ergaben. Dies ist sicherlich auch der Grund, warum zukünftig das der Fassungsbereich des Wasserschutzgebietes verfeinert wird.

 

Das bayerische Landesentwicklungsprogramm erlaubt unter Ziffer 7.2.2 die Nutzung von Tiefengrundwasser für spezielle Anwendungsfälle, z.B. für Mineralwasserherstellung.

Nachdem es sich bei Grundwasser um Allgemeingut handelt ist es schon verwunderlich, dass die Nutzung als Trinkwasser für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Oberpöring nicht erlaubt werden soll, aber z.B. Getränkehersteller oder Brauereien einen Tiefenbrunnen langfristig nutzen dürfen. Wie würde das Landratsamt entscheiden, wenn ein großer transnationaler Lebensmittelkonzern im Landkreis einen Mineralwasser-abfüllbetrieb mit Tiefenbrunnen errichten möchte? Das dies keine hypothetische Frage ist, zeigt ein Fall in Landkreis Lüneburg. 

 

In ihrer Stellungnahme vom 10.12.2020 schreibt das WWA Deggendorf zum Bayernweiten Vergleich: 

„Die speziellen Entscheidungsgründe zu Tiefenwasserentnahme außerhalb unseres Amtsbezirkes sind uns nicht bekannt. Es sei aber darauf hingewiesen, dass das bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gemäß Schreiben vom 26.4.2017 hinsichtlich der Sachbehandlung bei Tiefengrund-wasserentnahme Diskussionsbedarf eher außerhalb unseres Landkreises sieht.

 

Wir haben eigentlich schon gedacht, dass sich Wasserwirtschaftsämter untereinander austauschen. Die Entscheidungsgründe über 2,6 Mio. m3 Tiefengrundwasserentnahme im Landkreis Passau müssten aber im Amt vorliegen, da der Landkreis Passau ja auch zum Zuständig-keitsgebiet des WWA Deggendorf gehört. Auch die Stadt Straubing entnimmt in großen Mengen Tiefenwasser für die Wasserversorgung und gehört zum Zuständigkeitsgebiet des WWA Deggendorf. 

Aber wenn der Landkreis Deggendorf hier als Best Practice anzusehen ist, soll das so stehen gelassen werden.

 

 

Zusammenfassen stellen wir fest, dass die Nutzung von Tiefenwasser als Trinkwasser in ganz Bayern noch gelebte Praxis ist. Sogar im Zuständigkeitsbereich des WWA Deggendorf werden in den Landkreisen Passau und Straubing sehr große Mengen an Tiefenwasser als Trinkwasser genutzt. Eine Erklärung für diese Ungleichbehandlung wird uns von den zuständigen Behörden nicht gegeben. Es werden immer nur nachgeordnete Verwaltungsvorschriften und der Landesentwicklungsplan zitiert. 

 

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